Es ist Tag, zu einer unbestimmten Uhrzeit. Die Sonne scheint nicht, aber es ist hell, der Himmel überspannt aschfarben die Szenerie. Am Horizont bilden graugrüne Bäume, Pappeln vielleicht, die Trennlinie zu dem See, vor dem ich stehe.
Es ist frisch, durch meine Füße steigt die klamme Kälte des Bodens meine Beine hinauf in meinen Körper. Ich weiß, das Wasser ist ebenfalls kalt, doch ich werde trotzdem hineingehen. Schwarzgrün liegt die Wasseroberfläche vor mir, ein reflektierender Spiegel, glatt und kalt, unberührt und vielleicht unberührbar, immer dunkler zur Mitte hin werdend. Ich bin fast nackt, trage Badekleidung, die meinen Körper genug bedeckt, dass ich keine Scham empfinde, aber genug entblößt, dass ich einen Windhauch auf den Härchen an meinen Armen und Beinen spüre.
Langsam, ganz langsam, setze ich einen Fuß vor den anderen, spüre das feuchte Gras, dann körniger Sand, eisig stößt das Wasser des Sees an meine Zehen. Weiter gehe ich hinein, meine Füße müssen den Sand aufwirbeln, aber an der Oberfläche ist nichts sichtbar, zu dunkel, zu verschlossen ist das Wasser.
Das Ufer fällt steil, lässt mich nach wenigen Schritten im Stich und ich muss schwimmen. Die Kälte des Wassers, als es nach und nach meinen Körper umfasst, treibt mir die Luft aus den Lungen. Ich muss meine ganze Kraft aufwenden, um Arme und Beine zu bewegen, das Wasser zu teilen. Seltsam still ist es, kein Vogel singt, kein Blatt rührt sich, selbst meine Hände, wenn sie wie Fremdkörper kurz auftauchen, bevor sie wieder unter der Wasseroberfläche verschwinden, erzeugen kein Plätschern. Nur in meinen Ohren rauscht es, vielleicht übertönt das dumpfe Geräusch alles andere.
Eine zarte Strömung streicht mir über den Unterleib, die Beine, während ich weiter hinaus schwimme, tiefer in den See eindringe. Ich weiß, dass er sehr tief ist. Wo meine Arme unter der Oberfläche sind, wird ihr Bild vom See geschluckt. Nur aus meiner Erinnerung und durch die Kälte, die ich spüre, weiß ich, dass sie existieren, wie auch der Rest meines Körpers. Bald kann ich meine Arme und Beine nicht mehr von dem Wasser, das sie zerteilen, unterscheiden. Und doch bewegen sie sich weiter, ich sehe es an den Wellen, die sie hinterlassen, schnell vergangene Linien auf dem Wasser. Sie rücken dichter an mich heran, reichen immer weniger weit auf den See hinaus, den See, der hinter mir glatt liegt, als sei ich nie hindurch geschwommen.
Ich weiß nicht, wie lange ich schwimme.
Endlich umarmt mich das Wasser, empfängt mich, ich versinke in grüner Stille, sehe zu, wie die Helligkeit des Himmels in die Ferne rückt, meine Sicht von Dunkelheit eingekreist wird, bis nur noch ein verschwommener Fleck übrig ist. Tiefer sinke ich in Ruhe und Frieden, mein Körper ist längst aufgelöst, nur noch Gedanken sind übrig, und auch die verstummen, als ich meine Augen schließe, für einen unschätzbaren Moment des Friedens, bevor ich aufwache.
![]() |